Tripp Tipp

Von Krümelmonstern und Keksfabriken: Zu Besuch in der Wikana Kekswelt in Wittenberg

Camper vor der Wikana Keksfabrik in Dessau
Lesedauer 8 Minuten

Achtung: Dieser Beitrag könnte Suchtcharakter entfalten, denn ich nehme dich mit auf ein paar kleine Impressionen, hinein in die Wikana Kekswelt in der schönen Lutherstadt Wittenberg. Es war der pure Zufall, dass wir dort hingeraten sind – wir haben uns von Coswig, mit dem Rad kommend, ein wenig verfahren. Als ich dann ein riesiges Werbeplakat mit den schokoladigen Othello-Keksen sah, hat’s Klick gemacht. Kehrtwende mit dem Rad und rein in die gute Stube. Also: Pack dein Portemonnaie ein, heute werden Kekse eingekauft. Und direkt der Hinweis: Wir haben die Kekswelten aus freien Stücken besucht, werden nicht gesponsert und haben alle erworbenen Kekse selbst bezahlt und ja: Auch gegessen. Empfehlungen die du hier auf dem Blog findest, kommen von Herzen und aus Überzeugung, weil es uns dort wirklich gefallen hat.

Wo & Wie zur Wikana Kekswelt

Die Wikana Kekswelt befindet sich erstaunlich nah an der Wittenberger Innenstadt. Nur 1,5 Kilometer liegen dazwischen. Zu Fuß dürfte das in etwa 20 Minuten zu schaffen sein. Das eröffnet einige Möglichkeiten, wie man dort hingelangen könnte. Wir sind, wie gesagt, beim ersten Mal mit dem Rad von Coswig kommend eingekehrt. Vor dem Laden stehen stabile Radständer zum Anketten bereit. Beim zweiten Besuch haben wir in Erwartung eines größeren Einkaufes den Camper direkt vorm Laden parken können. (siehe Beitragsfoto). Zumindest als wir dort waren, gab es ausreichend kostenfreie Parkflächen.

Marktplatz Lutherstadt Wittenberg

2. Und schon gehen wir rein

Während draußen über 30° Celsius herrschen, empfängt uns im Gebäude angenehm kühle Luft. Durch die Glastür treten wir ein und steigen die steinerne Treppe in die erste Etage. Ein Aufzug steht auch zur Verfügung. Mein Blick als Radfahrerin fällt als erstes auf die Toilette, welche sich ebenfalls in der Nähe des Treppenhauses befindet. Um sie zu benutzen, muss man sich allerdings an der Kasse einen Schlüssel holen, das haben wir im Rahmen der Bezahlung erledigt.

Der Werksverkauf ist nicht groß, gut überschaubar, saugt uns aber direkt in den hellen, pragmatisch gestalteten Verkaufsraum. Regale, hoch wie ein Mensch, fassen gut sortiert ein umfangreiches Kekssortiment. Insgesamt 38 Kekssorten kann man hier erwerben. Am populärsten ist wahrscheinlich der kleine runde Butterkeks mit der Lutüherrose oder der schokoladige Othello Keks. Auch die rote Rolle mit den Wikingerkeksen ist vielen ein Begriff.

Besonders hervorzuheben ist die in grün gehaltene Biolinie, die heißen dann zum Beispiel: Bio Doppelkeks mit Quinoa und Zartbitterkeks oder Bio Quinoa Kakaokeks. Die normalen Kekse sind rot verpackt, beides zusammen gibt im Laden einen schönen Farbkontrast.

Und erstaunlich: Im lokalen Supermarkt findet man nur ein Bruchteil des hier hergestellten Sortiments. Einen Doppelkeks wo eine Seite Keks, die andere Waffel ist – ist schon ziemlich spektakulär und für uns kaum verständlich, warum wir das nicht bei Kaufland, Rewe & Co erwerben können. Später werden wir noch nachfragen warum das so ist, die Antwort ist denkbar einfach. Aber erst mal stöbern wir noch ein bisschen. 38 Kekssorten können einen angenehm überfordern.

Verkaufsraum in den Wikana Kekswelten Lutherstadt Wittenberg
Regal mit den Biokeksen in der Wikana-Kekswelt Lutherstadt Wittenberg

Am liebsten würden wir uns die Radtasche vollhauen. Das sieht alles wirklich gut aus. Aber da wir lastbegrenzt sind, wird es erst mal nur eine Probierpackung und dann entdecken wir das angeschlossene Café.

Das Café in der Wikana Kekswelt

Die Hitze hat die Leute wahrscheinlich an die Gewässer gezogen, wir jedenfalls sind an dem Tag fast allein im Laden und damit auch im Café. Hier machen wir es uns gemütlich, Kuchen kann man sich am Tresen schon mal aussuchen aber es wird am Tisch bedient. Hervorragend.

Erdbeertorte und Eiskaffee in der Wikana Kekswelt Lutherstadt Wittenberg
Erdbeerkuchen und Eiskaffee in der Wikana-Kekswelt / Lutherstadt Wittenberg

Während wir so schlemmen, kommen natürlich Fragen zur Geschichte des Hauses. Wir stöbern ein wenig in der Karte, in der ein kleiner historischer Abriss hinterlegt ist. Den Rest finde wir auf der Internetseite und ich für die Blogrecherche später im Netz.

Die bemerkenswerte Geschichte von Wikana in Lutherstadt Wittenberg

Das Haus blickt auf eine über hundertjährige Geschichte zurück. Bereits 1906 wurde an diesem Standort eine Fabrik unter dem Namen „Kant Chokolodenfabrik Wittenberg“ gegründet. Hier werden Schokoladen und Kakaoerzeugnisse hergestellt. Berühmtes Produkt seinerzeit sei wohl die „Kant-Schokolade“ gewesen.

In den Kriegsjahren ab 1939 kann der wichtigste Rohstoff, der Kakao, nicht mehr von Hamburg über die Elbe nach Wittenberg transportiert werden, die Süßwarenproduktion kommt gänzlich zum Erliegen. Die Belegschaft wird zur „WASAG-Sprengstoff-AG“ und zu den „Arado-Flugzeugwerken“ abgeordnet.

Erfreulicherweise kann die Lebensmittelproduktion 1945 wohl wieder aufgenommen werden. Im Vordergrund geht es nun vor allem um die Herstellung lebenswichtiger Nahrungsmittel wie zum Beispiel Kunsthonig, Nudeln oder Haferflocken. Ende der 40-iger Jahre kommen Süßwaren wieder mit hinzu.

Nachdem 1950 die Firma Nadena eingegliedert wurde, kam es 1953 unter dem Namen „VEB Süßwarenfabrik Nadena Kant“ zur Verstaatlichung. Mit der Übernahme dieser Firma Nadena-Auerbach erfolgte auch so etwas wie die Grundsteinlegung für das heutige Sortiment. Aus den jeweils ersten beiden Buchstaben der Worte: Wittenberg, Kant und Nadena entstand nur ein Jahr darauf der Firmenname „WIKANA“.

Im Jahr 1990 bekommt die Firma erneut einen neuen Namen und heißt nun: „Wikana Süß- und Dauerbackwaren GmbH“ doch die politische Wende hat dem Unternehmen zugesetzt. Als ursprünglich zweitgrößte Keksfabrik der ehemaligen DDR waren 1989 noch rund 500 Mitarbeiter beschäftigt. Mit der Wiedervereinigung verlor das Unternehmen einen seiner größten Kunden. Die NVA – die Nationale Volksarmee. Diese kaufte bis dahin Dauerbackwaren für Lager- und Manöverbestände aber auch die westdeutsche Kekskonkurrenz schlief natürlich nicht und rang Wikana Verkaufszahlen ab.

Wie so vielen ostdeutschen Unternehmen drohte auch Wikana die Schließung.

Es erfolgt Liquidation durch die Treuhand. Für viele Betriebe der ehemaligen DDR bedeutete Liquidation durch die Treuhand Schließung mit daraus resultierenden Massenentlassungen sowie den Verkauf der Vermögenswerte.

Doch Wikana hat es irgendwie geschafft, sich zu behaupten und auch die berühmten Keksrezepte zu retten. Die reinste Erfolgsgeschichte, die mich irgendwie ein Stück glücklich macht.

Der zweite mögliche Weg in einer Liquidation ist neben Schließung die Privatisierung und hier beginnt der bemerkenswerte Weg des neuen Geschäftsführers Wolfgang Fischer, ehemals tätig im Kombinat Nahrungsmittel und Kaffee Halle / Saale, der sich quasi im Produktionsprozess auskannte, ans Unternehmen glaubte und es kaufte. Schon kurze Zeit später geht er mit 20 ehemaligen Mitarbeitern und sieben Produkten an den Start.

Den ersten richtigen Durchbruch gab es 2000 als der berühmte Othello Keks wieder auf den Markt kam. Neben diesem kommen weitere DDR-Kekse zurück. Der Hansa Keks und auch die Edel Mürbchen.

Aus dem Jahr 1997 weiß man, das jährlich etwa 3500 Tonnen Kekse produziert wurden. Das ist wirklich eine unglaubliche Menge Keks, die Belegschaft ruht sich nicht aus, wartet jährlich mit 2-3 Neuentwicklungen auf. 2001 startet das Biosegment, welches ich oben mit den grünen Packungen schon erwähnt und auf dem Bild gezeigt habe.

2011 wird Wikana als Unternehmen des Jahres in Sachsen-Anhalt ausgezeichnet und ab 2013 schreibt die Produktion jährlich 5000 Tonnen Kekse in die Bücher. Alle Achtung. Die Hälfte davon wird im Biosektor verkauft. Das Unternehmen ist fleißig, besucht Messen. So auch die Grüne Woche in Berlin und erhält dort für zwei ihrer Produkte den Bio Regionalpreis – für Bio Kokoskeks und Bio Quinoa Kakaokeks.

Tja und 2018 eröffnet die Kekswelt in der wir nun immer noch sitzen und uns über das schöne Ambiente sowie die überaus freundliche Bedienung freuen.

Wikana Kekswelt Wittenberg
Im Cafe in der Wikana Kekswelt Wittenberg

Hier plaudern wir kurz mit der Bedienung und fragen, warum es so wenig von den tollen Keksen im Handel gibt. Ganz einfach. Der Einkauf wird von den Konzernen zentral gesteuert und so geht es nicht wirklich nach der Nachfrage der Kunden, sondern das was die Zentrale im Laden bestückt sehen will, wird bei Wikana geordert. Das ist mal mehr, mal weniger und auch mal nix. Im Kaufland Waldstadt habe ich nix gefunden. Im Rewe immerhin 6 oder 7 Sorten. Die Biolinie und auch exklusive Kekse wie Doppelrolle mit Waffel und Keks sucht man vergeblich. Schade irgendwie.

Die Dame verrät aber auch noch, dass die Mitarbeiter, wenn sie zur Arbeit auf den Hof rollen, schon immer genau riechen, welcher Keks gerade vom Band rollt. Da braucht man bei 38 Kekssorten schon ein feines Näschen.

Und sonst noch?

Der Laden inspiriert uns und so kommen wir schnell auf die Idee, einer Freundin zum Geburtstag einen Biokeks-Präsentkorb mitzubringen. Die Kekse sucht man sich im Laden aus und die Verkäuferinnen packen das dann richtig hübsch zusammen. Ich glaube, die Körbe gehen gut – denn als wir rausgingen, holte auch ein anderer Kunde gerade einen Präsentkorb ab.

Den hier haben wir erworben und verschenkt:

Präsentkorb in der Wikana Kekswelt
Präsentkorb in der Wikana Kekswelt Wittenberg

Und auch bei unserem zweiten Besuch ist es herrlich kühl im Café und wir lassen es uns anlässlich eines für uns wichtigen Feiertages mal kurz gut gehen. Ok – das Foto ist jetzt nicht mein allerbestes – aber es zeigt zumindest, was es da alles schönes gibt. Neben Kuchen & Kaffee gibt es auch ein wechselndes Sortiment an belegten Brötchen, Wraps und Suppen. Da sollte sich also für jeden ein Snack finden.

 

Fazit zur Wikana Kekswelt

Die Kekswelt ist rundum gut organisiert, das Personal überaus freundlich und es hat einfach Spaß gemacht, den Laden zu besuchen. Wir sind bestimmt nicht das letzte Mal dort gewesen. Die Internetseite ist interessant. Da gibt es einen Blick hinter die Kulissen und man kann einiges zum Herstellungsprozess der Kekse erfahren. Darüberhinaus gibt es einen vollständigen Überblick über das Sortiment, da kannst du gern mal stöbern und einen Onlineshop, falls du nicht hinfahren kannst.

Auf der Webseite wird die Planung einer Schaubäckerei und ein Werksmuseum erwähnt, das finde ich richtig konsequent und toll, spätestens dann sind wir wieder da.

Und zum Abschluss noch ein bisschen Input, wie auch du ganz leicht dort hingelangen kannst.

 

Mit dem Auto

Mit dem Pkw machst du von der A9 einfach einen kleinen Abstecher. Ab der Ausfahrt Coswig sind das etwa 15 Kilometer. Parken geht direkt vorm Laden oder auch am Parkplatz am Hauptbahnhof von Wittenberg.

Mit dem Zug

RB 51 hält in Wittenberg, dann entweder mit dem Bus X2 weiter oder vom Bahnhof zu Fuß knapp 3 Kilometer.

Mit dem Camper

Wir haben an dem Wochenende in der Marina Coswig Unterschlupf gefunden. Der Wohnmobilstellplatz ist 24/7 anfahrbar und recht gut gepflegt. Mit dem Rad sind wir vom Stellplatz zur Keksfabrik gefahren. Die einfache Strecke beträgt etwa 15km.

 

Die Öffnungszeiten: 

Montag Ruhetag

Dienstag bis Freitag
9:00 – 18.00 Uhr

Samstag, Sonntag, Feiertag
11:00 – 17:00 Uhr

 

Tja und da sind wir mal wieder am Ende eines Beitrages angekommen. Schreib mir gern mal rein in die Kommentare, ob du in diesem Laden schon mal warst und ansonsten vielen Dank fürs Mitschlemmen. Schau gern in Kürze wieder rein, wie immer habe ich eine Menge Stoff auf Halde – teile meine kreativen Kräfte im Moment allerdings zwischen hier und YouTube auf. Schau also auch gern mal bei YouTube „Tripp Tipp“ vorbei.

 

 

Autorin: Sandra Hintringer

 

 

 

Quellen und weiterführende Links: 

Webarchiv zur Firmengeschichte

Unternehmenswebseite Wikana

MZ-Beitrag zur Unternehmensübernahme

Ein Kommentar

  • Na, das ist ja mal ein informativer Beitrag – ich als Ossi habe von Wikana noch nie etwas gehört, aber als du dann von Othello und Hansa erzählt hast, machte es klick! Tatsächlich wusste ich nicht, dass Hansakekse aus Sachsen-Anhalt stammen, der Name legt es ja nicht gerade nahe 😉

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