Tripp Tipp

Kurort Bad Boll – eine berufliche Stippvisite

Lesedauer 6 Minuten
Ortseingang Bad Boll

Kein geringerer als Peter Levine hat sich für ein Seminar in Bad Boll angekündigt. Normalerweise lebt und arbeitet er in Amerika. Er ist der Begründer der Methode Somatic Experiencing, eine Traumatherapie, welche meine Arbeit in der Praxis enorm bereichert. Na klar ergreife ich die Möglichkeit, diesen genialen Mann einmal persönlich kennenzulernen. Ich melde mich also gleich für das Seminar in Bad Boll an.

Es findet in der Evangelischen Lehrakademie statt, welche sich durch Politikertreffen berühmt gemacht hat. Doch davon wußte ich natürlich nix, bevor ich hier war.

Villa Vopelius / Evangelische Lehrakademie Bad Boll

6 Stunden dauert die Fahrt für die knapp 600km von Potsdam. Zeit genug alles mögliche durchzuhecheln, ich habe 2 Kolleginnen aus Berlin an Bord. Da macht es kurzweilig.Trotzdem es ein Feriensamstag ist, haben wir perfekte Straßenverhältnisse und direkt bei Ankunft im Ort wissen wir, hier sind wir richtig. Seichte Berghänge umgeben den Ort, alles ist wunderbar grün und mittendrin liegt die Evangelische Akademie.

Evangelische Akademie Bad Boll

Das einzige geöffnete Fenster im obersten Geschoß nannte sich für 4 Nächte meines. Das Foto ist morgens entstanden – nebenan schlafen scheinbar alle noch. Rundherum ist es wunderbar ruhig. Ich bin hin und weg von diesem Fleckchen Erde.

Die Akademie selbst ist übrigens die älteste evangelische Akademie. Gründungsjahr 1945.

Die Gemeinde Bad Boll liegt in einer Höhe von 427 bis 740 m über NN und dennoch am Fuße der Schwäbischen Alb. Es ist dem Bundesland Baden-Würtemberg zugehörig. Größere Städte in der Nähe sind Göppingen und Stuttgart. Bei einem Rundgang durch den Ort habe ich mich gewundert, warum es hier die berühmten schicken Herrnhuter Sterne zu kaufen gibt. Des Rätsels Lösung liegt in der Städtepartnerschaft von Bad Boll und dem sächsichen Herrnhut.

Und durchaus ist es in diesem ländlichen Gebiet auch mal möglich, dass eine Schafherde den Weg kreuzt. Obwohl das hier wahrscheinlich ganz üblich ist, erheitert mich so etwas als Stadtpflanze immer wieder.

Schafherde mitten im Ort

Doch nicht nur der Herrnhuter Stern und die Schafe haben mich überrascht. Auch die riesigen Gebäude der WALA-Heilmittel GmbH erzeugten ein Staunen bei mir. Vielleicht hast du schon mal von den Dr. Hauschka Kosmetik, Dr. Hauschka Med oder WALA Arzneimittel gehört. Nicht? Dann verpasst du aber wirklich was. Dieses Körperöl (*Werbung)  überzeugt mich übrigens nicht erst seit meinem Besuch in Bad Boll. Die Kräuter dafür werden im Ort gezüchtet, angebaut und verarbeitet. Toll. So bekommen Produkte Gesichter.

Das direkte Stadtzentrum ist hübsch aber wirklich nur sehr klein.

Bad Boll

Am witzigsten fand ich den „Regiomat“, der mich natürlich sofort an unseren Japanurlaub erinnert hat. Ein Automat in dem ausschließlich regionale Produkte verkauft werden. Von Eiern über Honig bis zur Handcreme konnte man alles erwerben. Super Idee, oder? Hätte ich auch gern in Potsdam.

Regiomat

Nun aber schnell zurück zur Akademie. Von meinem Fenster habe ich einen fantastischen Ausblick auf Wiese und Wald. Das ist auch sehr gut so, denn das Nachttischen gibt leider nur eine Bibel her und die Zimmer sind akademieartig schlicht.

Blick aus meinem Fenster

Viele Spaziergänge innerhalb der 4 Tage führen mich und meine Kollegen durch Streuobstwiesen hinauf an die Hänge, von wo aus ein wunderbarer Blick auf die Umgebung zu erhaschen ist. Ich meine die kegelförmigen Berge in der Umgebung sind sogar Vulkankegel. Für das Foto selbst stehe ich auf einem längst erloschenen Vulkan – dem Aichelberg.

Blick in die Umgebung von Bad Boll

Ein kleiner süßer Tempel – hier wird er „Tempele“ genannt – lädt zur Rast mit Blick in die Weite. Da klärt sich so manches inneres Thema.

Blick aus dem Tempele Bad Boll

Meine Spaziergänge führten mich oft durch den Mostbirnenlehrpfad. Die Bäume sind teilweise über hundert Jahre alt und man will mit diesem Projekt die alten Obstsorten erhalten. Jede Sorte ist benannt, teilweise findet man ganz putzige Namen. Auch wenn ich mit etwas Wehmut feststelle, dass sich die ersten Blätter bereits knallrot verfärbt haben, so stellen sie doch einen wunderschönen Kontrast zum blauen Himmel dar.

Mostbirnenlehrpfad

Der ganze Ort hat sich der Nachhaltigkeit sowie dem fairen Handel verschrieben. Eine Wiese, welche direkt hinter der Akademie liegt, ist einzig den Bienen reserviert. Wo hat man denn so etwas schon einmal gesehen? Also ich nirgends.

für die Bienen

Eigentlich hätte ich die vier Tage Seminar schwänzen müssen, um alle Sehenswürdigkeiten des Ortes genauer zu betrachten. So wandele ich nur kurz am Kurhaus vorbei, welches neben der natürlichen Schwefelquelle auch eine Rehaklinik für Orthopädie beherbergt. Patienten werden hier mit dem ebenfalls im Ort abgebauten Jurafango bearbeitet und was ich so gesehen habe, waren sie auch gut mit ihren Gehstützen im Ort unterwegs. Scheint zu helfen.

Der angeschlossene Kurpark lädt zum Verweilen ein und nur wenige hundert Meter entfernt kann man den historischen Blumhardt Friedhof besichtigen. Der Pfarrer Blumhardt sowie sein Sohn betrieben im Kurhaus ein Zentrum zur Leib- und Seelsorge.

Blumhardt Friedhof

Was man eigentlich überhaupt nicht verpassen darf, wäre ein Besuch im Thermalmineralbad. Doch während meiner ganzen Aufenthaltsdauer waren die Außentemperaturen exorbitant hoch, nämlich tagsüber immer über 30°C, sodaß ich einfach nur die letzten Sommertage draußen genießen wollte. Wahrscheinlich komme ich einfach irgendwann noch mal wieder und besuche dann auch das Thermalbad.

So zogen mich Wiesenwege und alte Eichen immer wieder in ihren Bann. So oft ich den Wege auch gewandelt bin, immer wieder haben sich Blickperspektiven geändert, hat das Licht die Natur umspielt. Ich kann einfach nur schwärmen. Völlig weggeknallt haben mich die Sonnenuntergänge, welche ich fast jeden Tag auf der Anhöhe miterlebt habe. Hier noch ein paar Bilder zum einfach Wirken lassen:

alte Eiche mit Steinkreis
Weg durch die Streuobstwiesen
der erste Sonnenuntergang

….und noch einer – weil es einfach sooooo sooooo schön war.

der zweite Sonnenuntergang

Kurzum … ich kann mir durchaus vorstellen, Bad Boll auch mal privat zu besuchen. Dann würde ich mir wahrscheinlich eine Ferienwohnung mieten und die Wanderungen in die Ausläufer der Schwäbischen Alb ausdehnen. Eine vorgeschlagene 6-Tagesetappenwanderung heißt der „Albtraufläufer“. Das klingt sehr verlockend. Wenn du dich etwas mehr über den Ort Bad Boll informieren möchtest, dann findest du wirklich alle relevanten Informationen auf der Ortswebseite.

 

 

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