Tripp Tipp

Der Naumburger Dom St. Peter und Paul – faszinierendes Weltkulturerbe

Lesedauer 7 Minuten

Durch kleine Kopfsteinpflastergassen rumpelt sich unser Auto seinen Weg. Irgendwann landen wir völlig dekadent aber sowas von direkt auf dem Domplatz, also unmittelbar vor dem Naumburger Dom, dass sie uns auch hätten das Domportal öffnen können und wir wären ganz bis nach vorn durchgefahren. Machen wir natürlich nicht, denn der hier wehende spätromanisch-frühgotische Windhauch ergreift uns und lässt uns ehrfürchtig einen ersten Blick an der Fassade nach oben werfen. Wow… das muss ich Dir zeigen. In diesem Beitrag möchte ich Dich unbedingt mit hineinnehmen, in eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler des europäischen Hochmittelalters – auf geht es – rein in den Naumburger Dom St. Peter und Paul. Außerdem gibt es am Ende des Beitrages noch ein paar Ausflugstipps für Naumburg und Umgebung.

Geografisches Herantasten an den Naumburger Dom

Wir befinden uns im südlichen Zipfel von Sachsen-Anhalt. Naumburg liegt knapp 70 Kilometer südöstlich vom sächsischen Leipzig. Hallo meine liebe Heimatstadt. Ganz in der Nähe fließt die Saale und in nordwestlicher Richtung erstreckt sich der wunderbare Naturpark Saale-Unstrut-Triasland. Die Straße der Romanik, eine Ferienstraße, schließt den Naumburger Dom mit ein. Und auch wenn es nicht ganz so mein Interessensgebiet ist, aber auch für den Weinbau ist das Saale-Unstrutgebiet gut bekannt.

Gehen wir mal zurück auf den Hof vom Naumburger Dom. Herzlich, vom hiesigen Stiftungsteam hineinbegleitet, stehen wir nun und dürfen uns bei Kaffee und Keksen ein wenig für den Rundgang stärken. Das ist doch schon mal ein mächtiger Anblick, oder?

Ganz kurz nur stockt nun Henry Mill, bevor er uns mit seinen tiefgründigen und augenscheinlich endlosen Wissensweiten in den Rundgang begleitet. Zu lange waren wohl seine, wie auch viele andere Gästeführerworte durch die Pandemie geparkt. Und zu komisch muss es wohl sein, plötzlich, nach langer Stille, wieder Menschen von Angesicht zu Angesicht zu empfangen. Ja, ich mag die Menschlichkeit. Die Berührbarkeit – den kleinen Moment von Scham und das Flüstern seiner Kollegin. Fang an…

Ein ziemlich gutes Lebensmotto.

„Anfangen.“

Und schon geht es los: Wir betreten den Dom, stehen mitten im sogenannten Langhaus und natürlich ist es ein überwältigendes Gefühl. Die Höhe, die Weite, die Offenheit – die vornehme Kühle. Wirklich ein Meisterwerk. Und dann beginnt das Suchen. Wo bleiben die Augen zuerst haften? Meine am Westchor mit dem Westlettner. Der Lettner ist die wunderbar gestaltete Mauer, welche den Westchor vom Langhaus trennt. Das Wort Lettner stammt aus dem Lateinischen von „lectorium“ und meint Vorlesebrüstung.

Blick Richtung Westchor mit Westlettner

Weltweit einzigartig ist, dass es im Naumburger Dom gleich zwei erhaltene hochmittelalterliche Lettner gibt. Also Westchor mit Westlettner und Ostchor mit Ostlettner. Ost- und Westchor war den Geistlichen vorbehalten. Der gemeine Laie durfte im Hausptschiff, also da wo wir gerade stehen, am Gottesdienst teilnehmen. Für das Foto drehe ich mich also mal um 180°. Wahnsinn, oder?

Blick Richtung Ostchor mit Ostlettner

Durch die Kreuzigungsszene hindurch – Der Westlettner

Angelehnt an die gothische Kathetralbaukunst Frankreichs und herbeigeeilt aus Mainz, widmete sich der sogenannte und leider namentlich nicht bekannte „Naumburger Meister“ den Finessen der bis heute erhaltenen Baukunst. Wenn Ihr irgendwie die Gelegenheit habt, nehmt an einer der zahlreichen Führungen teil. Mir persönlich wären die Einzelheiten am Westlettner beim bloßen Durchstreifen des Doms mit Sicherheit nicht aufgefallen.

Konfessionslos wie ich nun mal bin, wären mir die im oberen Teil befindlichen Passionsreliefs eher unschlüssig geblieben. Und auch die außergewöhnliche Platzierung vom Jesus, zusammen mit Maria und Jünger Johannes im Durchgang vom Westlettner hätte ich mit Sicherheit schweigend hingenommen.

In nahezu lebensechter Darstellung findet sich also am Westlettner die Leidensgeschichte Jesu Christi, welche den Höhepunkt des Dramas, seine Kreuzigung – als Durchtrittstelle in den Westchor beinhaltet.

Nochmal. Um in den Westchor zu gelangen, müsen wir durch die Kreuzigungsszene hindurch.

Ein wirklich merkwürdiges Gefühl.

Kreuzigungsszene am Westlettner / Naumburger Dom

Das Portal durchschritten, erreichen wir den Raum, der vor allem wegen der berühmten Naumburger Stifterfiguren und den wunderschönen Glasfenstern besucht wird. Obwohl die Figuren sich in einer Höhe von 4 Metern befinden, nehme ich sie als sehr real wahr. Sie waren es also, die diesen Dom gestiftet haben.

Markgraf Ekkehard II uns seine Frau Uta von Ballenstedt sind hierbei wohl die populärsten Figuren. Bis in Kleidung, Mimik sowie mitgeführte Alltagsgegenstände sind die Figuren fein aus Grillenburger Sandstein herausgarbeitet. Sie zeigen das Leben und Wirken im 13. Jahrhundert.

Uta lebte von 1000 – 1046.

Der italienische Schriftsteller Umberto Eco bezeichnete sie als die schönste Frau des Mittelalters. Längst hat sich ein regelrechter Utakult entwickelt. Während sie einst als Bewahrerin von Zucht und Sitte zu Propagandazwecken diente, ziert sie heute Postkarten oder ist Namensgeberin für ein Naumburger Einkaufszentrum, die Uta-Apotheke, die Uta-Stube oder auch die Uta-Schule.

Highlight ist wohl das seit 2008 stattfindende Uta-Treffen in Naumburg. Unzählige Namenspaten ehren Uta und Ekkehard mit diesem Treffen. Was es nicht alles gibt, oder?

Umso erstaunlicher also, dass Walt Disney genau in ihr das Vorbild für die böse Königin für die Schneewitchenverfilmung fand.

Ekkehard und die schöne Uta
Westchor mit Stifterfiguren

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Elisabethkapelle

Direkt neben dem Westchor gelangen wir dann in die kleine heimelige Elisabethkapelle. Ein Ort der Stille und Andacht in Gedenken an die heilige Elisabeth, Landgräfin von Thüringen (1207 bis 1231) welche als dreifache Mutter ihr Leben außerdem der Pflege von Armen und Kranken widmete.

Sofort fallen die, im Vergleich zu den sonst eher erdig gehaltenen Farbtönen, die in nahezu stechendem Rubinrot gehaltenden Fenster ins Auge. Kein geringerer als der Leipziger Künstler Neo Rauch wurde mit der Gestaltung betraut. Da geht es um Abschied, Kleiderspende sowie die sitzende Elisabeth am Bett eines Aussätzigen.

Diese moderne Kunst hier im Dom zu entdecken hat mich tatsächlich überrascht.

Und dann geht es hoch hinauf! Der Turmaufstieg

Der Naumburger Dom hat insgesamt 4 weithin sichtbare Türme. Ich freue mich nun also auf mein persönliches Highlight, denn wir dürfen hinauf. Doch nicht nur das. Auf dem Weg dorthin besichtigen wir noch die mächtige Dachkonstruktion, eine historische Kirchenglocke und immer wieder erhaschen wir verschiedene Ausblicke.

Es ist etwas stürmig – aber den Blick von ganz oben möchte ich mir dennoch nicht nehmen lassen. Eine schmale aber machbare Treppe führt auf den für die Besucher höchstmöglich begehbaren Punkt. Die Aussicht auf die roten Dächer der Stadt ist wirklich toll. Im Moment kann man diesen Ausblick im Rahmen von Führungen buchen.

Ausblick vom Naumburger Dom

Und nun hast Du bestimmt gedacht, wir sind am Ende der Führung angekommen und gehen zu den Restauranttipps über, oder? Leider weit gefehlt. Hol Dir ein Bierchen, eine Cola oder einen Tee… es geht noch weiter. Dieser Dom ist einfach wirklich der Wahnsinn.

Auf in die Unterkirche – die Krypta vom Naumburger Dom

Eigentlich war das richtig angenehm in der Einfachheit der Krypta, ein wenig die Sinne zu beruhigen. Wir erfahren, dass dieser Bauteil aus dem 12. und 13. Jh. stammt und damit der älteste Bauteil des Doms ist.

 

Und irgendwo müssen doch noch Schätze verborgen sein?

Wir machen uns also auf den Weg und so langsam finden sich kaum noch Worte für das, was es nun noch in den Tiefen des Doms zu sehen gibt. Das Domschatzgewölbe, was Du auf gar keinen Fall verpassen solltest.

Allein den knapp 300 Quadratmeter großen Raum zu betreten ist ein beeindruckender Moment. Das Gewölbe zählt zu den größten romanischen Gewölben in Mitteldeutschland und beherbergt über 30 Kunstwerke des Mittelalters und der Renaissance.

Die kleine Dombauhütte – Eure Kinder werden es lieben

Einst diente die Dombauhütte dem organisierten Ablauf des Dombaus. Analog dazu erleben Kinder- und Jugendgruppen zum Beispiel zum Kindergeburtstag in der Kinderdombauhütte angewandten Geschichts- , Religions- und Biologieunterricht gleichermaßen. Das ist wirlich eine tolle Sache. Hier würde ich gern länger ein wenig wenig basteln.

Denn kaum sind wir drin, sitzen wir, erwachsen wie wir sind, direkt auf den kleinen Holzschemelchen und bearbeiten testweise mit Feile, Beitel und Raspeln ein wenig den Gasbeton. Oder knipsen als Glaskünstler ein paar bunte Glasscherben zurecht.

Nichts wird hierbei dem Zufall überlassen. Als Vorlagen dienen Eiche, Wein und Hopfen, Pflanzen der Saale-Unstrut-Region, welche sich übrigens ebenfalls als Ornamente am Westlettner finden.

Der Domgarten

Unser Rundgang findet nun einen Abschluss. Ganz kurz streifen wir ein wenig den Domgarten. Also ich streife ihn ein wenig und riskiere den Anschluss an die Gruppe mal kurz zu verlieren. Zu schön war dieser beruhigende Blick über das historische Mäuerchen.

 

Ich bin mir sicher, es gibt noch unzählige Details, die mir nicht aufgefallen sind oder die den Zeitraum eines Besuches an Inhalt überschritten hätten. Nur soviel – plant einfach 2-3 Stunden für den Dombesuch in Naumburg ein.

Was geht noch so in und um Naumburg?

Kurz und knapp noch 3 Tipps:

Eine Fahrt mit der historischen Straßenbahn. Ein paar Details zu dieser Straßenbahn hatte ich HIER schon mal beschrieben.

 

Der Besuch der Max-Klinger-Gedenkstätte in Großjehna. Auch hierzu gibt es einen gesonderten Beitrag von mir.

Eine Radtour auf dem Unstrutradweg – die ist bei mir noch offen und möchte ich unbedingt machen: https://www.unstrutradweg.de/etappe-6.php

Und zu guter Letzt hier noch ein paar Foto-Impressionen von der Tour zum Naumburger Dom:

Ich weiß nicht, ob solch´ ein Beitrag enstanden wäre – wenn ich einfach nur mal eben so in den Dom geschaut hätte. Umso dankbarer bin ich, ihn als eine Station im Rahmen der Reise zu den Welterbestätten von Sachsen-Anhalt erlebt haben zu dürfen.

Offenlegung: Diese Tour zum Naumburger Dom wurde vom Reiseland Sachsen-Anhalt sowie Investitions- und Marketing-Gesellschaft gefördert und in Zusammenarbeit mit dem Museumsverband Sachsen-Anhalt durchgeführt. Ich bedanke mich recht herzlich für die überaus gute Organisation, die spannenden Eindrücke und vor allem für die Einladung.

Mein besonderer Dank geht mit diesem Beitrag an das gesamte Stiftungsteam rund um Stifungsdirektor Dr. Holger Kunde vom Naumburger Dom. Es waren wundervolle Stunden.

 

Quellen:

https://www.naumburger-dom.de/

https://www.stadt-naumburg.de/Dom/NWestlettner_01.html

https://www.mz.de/lokal/weissenfels/naumburger-dom-erinnerungen-an-die-heilige-elisabeth-2074806

https://www.naumburg-online.de/?load=tourismus/nol_geb_dom05.html

https://www.youtube.com/watch?v=PaNokoH4RSc

 

6 Kommentare

  • Als große Kirchenfans triffst du mit diesem Beitrag mitten in unser Herz. Der Dom ist ganz großes Kino, wir waren vor einigen Jahren selbst auch schon da. Liebe Grüße!

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    • Hallo Gabriela. Da gebe ich Dir Recht – der Dom ist wirklich großes Kino. Freut mich, dass Ihr ihn schon erkunden durftet… PS: gibt es eigentlich etwas, was Ihr noch nicht erkundet habt 😉 … Liebe Grüße. Sandra

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  • Wie schön, ich liebe den Naumburger Dom und mit deinem Bericht kann ich ihn einfach von zuhause aus besuchen. Danke! Liebe Grüße, Marike

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    • Liebe Marike.

      Wie schön – das freut mich, dass ich Dein Reiseherz ein wenig erhellen konnte :-).

      Liebe Grüße. Sandra

      Antworten

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