Tripp Tipp

Welterbestätten Sachsen-Anhalt – ein erster Streifzug

Lesedauer 13 Minuten

Mit dem ICE zu den Welterbestätten

Bahnhof Berlin Südkreuz. Der Achtungspfiff des Zugchefs ertönt und in der gefühlten Lichtgeschwindigkeit einer halben Stunde pustet mich der ICE in die Lutherstadt Wittenberg. Es ist die erste Station meiner Reise zum Thema Welterbestätten Sachsen-Anhalt, um die es in diesem Beitrag gehen soll.

Und während die Landschaft am Zugfenster vorüberfliegt, frage ich mich, was genau eigentlich Welterbe ist und wie man diesen Status bekommt.

Und geht es wirklich nur ums ausgewiesene Welterbe? Oder was wären die fantastischen Welterbestätten in Sachsen-Anhalt oder anderswo, ohne die wunderbare Landschaft, in welche sie eingebettet sind? Und was wären sie, ohne die vielfältige Museumslandschaft, welche sich um sie herumschmiegt? Und wie entfacht sich eigentlich das innere Feuer, was es braucht, um reichhaltige Industrie- und Kulturgeschichte weiterleben zu lassen?

Fragen über Fragen, die ich in diesem Beitrag für dich erkunden möchte. Spür dich ein in lässige 30 Grad trockene Luft, denn die hatte es in Sachsen-Anhalt an diesem Tag. Und dann lass uns mal loslaufen und ein paar engagierte Leute an Orten treffen, an denen Geschichte geschrieben wurde.

Luthergedenkstätte Wittenberg

Es ist Dr. Stefan Rhein, Direktor der Lutherstiftung, der uns den ersten Windhauch Lutherluft schnuppern lässt. Wir stehen direkt vorm berühmten Lutherhaus, und schauen in den Hauseingang, durch welchen Martin Luther 35 Jahre lang mit wehender Kutte geeilt ist. Hier also entstanden die 95 Thesen, hier umgarnte er seine geliebte Frau Katharina von Bora, tobte mit seinen fünf Kindern und auch hier strebten eifrige Studenten nach einer türöffnenden Unterschrift des Gelehrten. 

Welterbestätte Sachsen-Anhalt: Eingang Lutherhaus
Hof Lutherhaus

Das Lutherhaus wurde 1996 von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt. Allein auf dem Hof des Lutherhauses spielt sich eine Menge ab. Ich werde später noch genauer darüber berichten. Am meisten jedoch haben mich drei Momente berührt.

Einmal in der zumindest teilweise original erhaltenen Lutherstube stehen.

Wir treten ein und schlagartig bin ich umhüllt von dieser jahrhundertealten aber doch einladenden Muffigkeit. Der Raum entstand zwischen 1535 und 1538. Das Licht ist spärlich und wir sehen den Tisch, an welchem die legendären Tischgespräche stattfanden. Die einzige Frau, die diesen Raum betreten durfte, war Luthers Frau und so ganz traute sie den Schreiberlingen nicht, welche die Tischgespräche Wort für Wort für die Nachwelt mitschrieben.

Tischgespräche mit Luther ... der berühmte Tisch
Lutherstube - Impression

Tja und die heutigen Hörsäle habt ihr sicherlich so ein wenig vor Augen. Aber wie wäre es, wenn ihr in diesem fantastischen Raum hättet lernen oder studieren dürfen? Der Große Hörsal entstand im 16. Jahrhundert und wurde später restauriert. Ganz am Ende seht ihr den sogenannten Disputationskatheter. Hier mussten die Thesen, welcher ein Vorsitzender aufstellte, von den Studierenden angegriffen und verteidigt werden.

Dann wird es richtig spannend. Wir dürfen zu Frau Anne-Katrin Ziesack, das ist die Verantwortliche für das Depot. Der Blick hinter die Kulissen sozusagen.

Die weißen unförmigen Gebilde sind zwar nicht der Grund, warum wir ins Depot kommen und dennoch springt uns der Wagen mit den Pestmasken als allererstes in die Augen. Sie stehen bereit für die bald startende Sonderausstellung: „Pest. Eine Seuche verändert die Welt.“ Zeitgemäßer könnte eine Ausstellung wohl nicht sein.

Seid ihr auch solche Podcastfans wie ich? Dann gefällt euch bestimmt auch der hierzu passende Podcast Museumslauschen. Erstellt wurde er vom Journalistenbüro Björn Menzel in Kooperation mit dem Museumsverband Sachsen-Anhalt e.V.

Museumslauschen mit der Folge:

Ehrfürchtig bewegen wir uns durch die Räume, bis wir in einem kleinen Zimmer stehen. Ein paar dicke Bücher im Regal, ein paar Kisten auf dem Tisch. So ein klein wenig hat es geknistert. Allein die eigentlich unscheinbar wirkenden weißen Handschuhe lassen erahnen, dass wir gleich was ganz Wertvolles sehen werden.

Wir sehen eins der Highlights der Ausstellung. 

Einen handschriftlichen Originalbrief von Luther. 

Geschrieben am 28.04.1521. Adressiert ist er an Kaiser Karl den V.

Ein bedeutsamer Moment.

So bedeutsam, dass wir wilden Bloggerinen uns nicht mal sicher sind, ob wir ihn wohl fotografieren dürfen. Und wir dürfen in der Regel alles fotografieren. Eine traut sich zu fragen.

Ja – wir dürfen.

Innerlich bin ich sehr berührt. Äußerlich geht es mit einigen weiteren, nicht weniger bedeutsamen Exponaten weiter. Ich beginne zu ahnen, welche Schätze die Welterbestätten Sachsen-Anhalt in sich tragen und nur wenige Augenblicke später gehen wir schon am Markplatz von Wittenberg vorbei zur Schlosskirche.

Schlosskirche Lutherstadt Wittenberg

Wir werden nun von Frau Nina Mütze begleitet, welche mit langen Schritten dafür sorgt, dass wir rechtzeitig an der Schlosskirche ankommen.

Marktplatz Lutherstadt Wittenberg
Turm Schlosskirche zu Wittenberg

Die Schlosskirche wurde 1996 als Weltkulturerbe anerkannt. Es ist immer gut, einen Überblick zu bekommen – und den hat man bekanntlich von oben. Also hinauf auf den Turm der Schlosskirche.

Im unteren Teil sind die Stufen sehr solide. Weiter oben wartet eine wunderschöne aber vielleicht für höhentauglich Geplagte auch herausfordernde Treppe. Aufgrund der gewendelten Treppe erlebst du hier ganz leichtes Rummelfeeling. Die knapp 300 Stufen schaffst du aber – denn der Blick von der auf 52 Meter hohen Aussichtsplattform lohnt sich wirklich.

stabile Stufen zu Beginn
letzter Abschnitt Aufstieg Turm
Blick vom Turm der Schlosskirche

Was zählt eigentlich alles zu den Welterbestätten von Sachsen-Anhalt?

Welterbe

Der Begriff Welterbe unterteilt sich in Weltkulturerbe, Weltnaturerbe, Weltdokumentenerbe und immaterielles Welterbe.

Rostiges Refugium inmitten des Weltkulturerbes

Für uns geht die Reise nun in eine ganz andere Richtung weiter. Wir begeben uns auf den Pfad der Industriegeschichte. Nur wenige Kilometer entfernt befindet sich ein ehemaliges Braunkohleabbaugebiet. Wir befahren eine Halbinsel Nahe Gräfenhainichen. Inmitten des mittlerweile gefluteten Gremminer Sees liegt das Industriedenkmal.

Die Stadt aus Eisen: „Ferropolis“.

Kaum haben wir unser Auto auf dem wirklich großräumigen und kostenfreien Parkplatz abgestellt schallt uns ein zünftiges „Glück auf“ entgegen.

„So heißt das bei uns“, setzt irgendjemand noch nach.

Meine Kehle stolpert ein wenig, ich gebe zu, der Spruch Glück auf kommt mir nicht wirklich leicht über die Lippen. Meine Kolleginnen stimmen mir zu.

„Glück auf“ … flüstert da irgendwas aus mir heraus.

Naja gut. Das übe ich noch. Schneller als wir gucken können, ziehen uns die 5 ehemalige Braunkohlebagger in den Bann. Ganze 7000 Tonnen Stahl stehen auf dem Gelände.

Kathleen, die Verkörperung der Ferropolis-Verliebtheit, begleitet uns über das Gelände und lässt kaum zu, dass man diese Einzigartigkeit nicht schön finden könnte. Einmal Ferropolis – immer Ferropolis hören wir.

Wenn es sein muss, würde sie sogar ihre Brille mit einem Gast tauschen – denn durch ihre sieht man Ferropolis einfach nur „schön“. Ich brauche diese Brille nicht – auf mich wirken die Giganten magisch. Eingebettet in die tolle Kulisse von See und umgebenden Grün ist der Besuch von Ferropolis eine tolle Mischung zwischen Museumsbesuch und Spaziergang in der Natur.

Eine schöne Weile bleiben wir in Ferropolis. Ich werde noch mehr darüber berichten. Wir lassen nun den Abend mit Blick auf die Elbe ausklingen.

Das Hotel Elbterassen Wörlitz ist brandneu verpachtet und wir sind die ersten Gäste. Auch hier werden wir freundlich empfangen. Wir beziehen die Zimmer und bei angenehmen Vogelgezwitscher geht ein wunderschöner erster Tag in Sachsen-Anhalt zu Ende.

Ich weiß nicht, ob die Vögel auch geschlafen haben – als ich wach werde, trällern sie schon wieder. Zeit für ein schönes Frühstück mit Blick auf die Elbe.

Frühstück im Hotel Elbterassen

Gartenreich Dessau-Wörlitz

Wir tauchen nun ein in die Schönheit des Gartenreiches Dessau-Wörlitz. Eingeflochten in die Auenlandschaften zwischen Elbe und Mulde, hat sich hier Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740 – 1817) für sich und die Fürstin Luise eine Landesverschönerung gegönnt. Die Unesco bescheinigt hier eine herausragende Umsetzung und nimmt das Gartenreich 2000 in die Liste der Weltkulturerbestätten mit auf.

Als wir ankommen ist der Parkplatz leer. Alle Gärten sind öffentlich zugängig und können völlig coronaconform zum Spazieren benutzt werden.

Wir gehen direkt zum Schloss Wörlitz. Von außen betrachtet vermutet man es nicht gleich – es gilt als eines der berühmtesten Bauwerke der deutschen Baugeschichte.

Schloss Wörlitz

Uwe Quilitzsch empfängt uns vor dem Eingang. Schon bei unserer Ankunft meine ich den Eifer in seinem Gesicht zu erkennen. Ein Experte auf seinem Gebiet und Perfektionist im Timing zugleich. 42 Jahre im Gartenreich tätig, bringt er uns auf die Minute genau in zwei Stunden auf den Stand der Dinge und vor allem ins Schloss Wörlitz.

Das Schloss Wörlitz gilt als Meister- und auch Erstlingswerk des Klassizismus.

Die Inneneinrichtung ist nahezu original erhalten und gibt neben den Eindrücken der Reisen von Fürst Franz auch seine geistige Haltung wieder. Laut meiner Instagramumfrage steht dieses Schloss bei vielen von euch noch auf der Reiseliste – mach das unbedingt, sobald die Museen wieder öffnen. Du wirst einfach nur begeistert sein.

Mein persönliches Highlight war hier der Blick vom Belvedere. Dafür musste ich 120 Stufen hinauf ins oberste Geschoß steigen. Palmen und auch eine Granatapfelhecke zieren die Wände… doch der Blick geht sofort nach draußen in die Weite des Gartenreiches. Schau mal:

Belvedere Schloss Wörlitz
Ausblick vom Schloss Wörlitz - Belvedere

Landesmuseum für Vorgeschichte Halle

Hatte ich schon erwähnt, dass Sachsen-Anhalt wirklich abwechslungsreich ist? Nach einem coronaconformen Picknick im Park…

coronakonformes Picknick im Freien

…verabschieden wir uns von Uwe Quilitzsch und erreichen nach circa einer Stunde Halle.

Hier wollen wir das Landesmuseum für Vorgeschichte und mit speziellem Fokus die Himmelsscheibe von Nebra besuchen.

Eins zieht sich wirklich nachdrücklich durch die Reise. Man sollte sich nie von der Unscheinbarkeit einer äußeren Fassade täuschen lassen. Allein die braun-beige Fassade des Landesmuseums hätte in mir sicherlich kaum Wallungen erzeugt, wäre ich als Fußgängerin hier vorbeigekommen. Das Gebäude schaut imposant aus, dass sich allerdings eine derartig endgeniale Ausstellung dahinter verbirgt – hätte ich wirklich nicht vermutet. Dazu gleich …. erst mal musst du dir die Fassade angucken 😉 …da rechts wedelt übrigens schon die Fahne die Himmelscheibenanhänger herbei.

Landesmuseum für Vorgeschichte Halle

Nachdem einige Formalien geklärt sind bekommt Frau Dr. Tomoko Emmerling den Startschuß und besticht durch ihren abwechslungsreichen, uns Besuchern sehr zugewandten und nahtlos korrekten Vortrag.

Wir wandeln durch äußerst großzügig und unfassbar kreativ gestaltete Ausstellungsräume. Das Museum selbst bezeichnet sich als die archäologische Schatzkammer von Sachsen-Anhalt. Und so ist es auch – jeder einzelne Raum ist eine Schatzkammer für sich. Auch hier werde ich nochmals im Detail berichten, gebt mir ein wenig Zeit – aber die museale Fülle in Sachsen-Anhalt hat mich wirklich fast umgehauen, sodass es schlicht schade wäre, es bei einem Übersichtsbeitrag zu belassen.

Mein persönliches Highlight hier im Landesmuseum? Einerseits natürlich auf alle Fälle die Himmelscheibe. Die zeige ich euch gleich. Aber es ist was ganz anderes – was mit den Exponaten nicht direkt was zu tun hat. Obgleich wahnsinnig viel präsentiert wird, hat es was mit der indirekten Schonung meiner Sinne zu tun. Viele Räume sind leicht oder stärker abgedunkelt. Einige sogar ganz in schwarz gehalten. Ich liiiiebe das. Das tut meinen Augen gut und ganz entgegen vieler Museen war ich nach 2 Stunden statt bleiern-müde „neugierig-wach“. Das war richtig auffällig. Hier mal ein kleiner Einblick:

Landesmuseum für Vorgeschichte

Die Himmelsscheibe von Nebra

Dr. Emmerling lässt sich in keinster Weise von den Vorgaben abbringen und das ist auch absolut gut so. Dennoch hätten wir natürlich supergern die originale Himmelscheibe gesehen.

Wobei … das war sie doch, oder?

Oder nicht?

So sieht sie jedenfalls aus, die Himmelsscheibe. Sie zählt zum Unesco-Dokumentenerbe. Ich habe sie das erste Mal gesehen und hatte sie mir größer vorgestellt. Sie besteht aus Bronze mit einer Kupferlegierung. Die Aufbringungen sind aus einem silberreichen Gold in welchem sich Spuren von Zinn finden liesen.

Himmelscheibe von Nebra

Auf zum Naumburger Dom

Kurz übernimmt noch der Kollege Herr Steinmann und gibt uns einen Teaser zur bald startenden Sonderausstellung. Zwischen 4.6.2021 und 9.1.2022 geht es dann auf einer Sonderfläche um: „Die Welt der Himmelscheibe von Nebra – Neue Horizonte.“

Auch hier im Landesmuseum vergeht die Zeit wie im Fluge und ehe wir es uns versehen, sitzen wir im Auto gen Naumburg. Das Team vom Naumburger Dom empfängt uns fünfköpfig und das obwohl auch hier die Kurzarbeit mächtig zugeschlagen hat.

Bei einem Kaffee und paar Keksen knabbern wir uns ein wenig Energie an und dann geht es hinein. In den gigantischen Naumburger Dom. Sagte ich schon, dass es noch gesonderte Ausführungen geben wird? Hier auf alle Fälle mal die Außenansicht:

Oben hatte ich es schon kurz erwähnt. Der Naumburger Dom ist eine der 6 staunenswerten Weltkulturerbestätten von Sachsen-Anhalt. Als spätromanisch-frühgotischer Dom gilt er als eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler des Hochmittelalters und damit als Besuchermagnet an der Straße der Romanik. 

Die Zugehörigkeit zur Weltkulturerbeliste ist noch recht jung. Erst 2018 wurde er von der UNESCO auf der Liste aufgenommen. Unschwer zu erkennen – als Meisterwerk menschlicher Schöperkraft gilt eines der zwei Kriterien, weshalb er aufgenommen wurde. Dabei war der Weg steinig und von einigen Ablehnungen gezeichnet.

Dabei ist unschwer zu übersehen, dass dieser Dom außergewöhnlich ist. Ich glaube, es ist das erste Mal, dass ich seitlich in ein Kirchenschiff eintrete.

im Naumburger Dom Blick Richtung Westchor

Untrüglich ist aber auch, dass sich die Geistlichkeit nicht täuschen lässt. Die wachsamen beiden Uta und Ekkehard im Westchor, die 12 Stifterfiguren, die kleine Lutherfigur an der Kanzel – jeder einzelne Stein, jede Säule dieses Doms scheint zu spüren, dass sich eine Konfessionslose eingeschlichen hat. 

Mein banaler Wunsch: Ein Blick vom Turm der Kirche. Wir steigen hinauf in den Dachstuhl, doch der Herr im Himmel schickt ein Donnergrollen und lässt peitschend den Regen in die hohen Fenster wehen.

Ein erlebnisreicher Aufstieg, auch hier wieder leichter Rummelcharakter mit Drehtendenz. Aber auch das schaffst du – der Blick ist einfach zu schön:

Blick im Naumburger Dom

Schnell neigt sich der Abend und was soll ich dir sagen. Für den nächsten Tag ist eine Fahrt mit der historischen Straßenbahn geplant.

Der Name in unserer Pension „Typisch Naumburg“  ist also Programm. Wir nächtigen alle in Themenzimmern. Ich habe an der Haltestelle geschlafen. Da ja eine familiäre Affinität zu Schienenfahrzeugen besteht, war das genau passend.

Zimmer "Zur Straßenbahn" Pension Typisch Naumburg

Die Naumburger Straßenbahn

Ja und so wie ich es eingehend schon schrieb. Was wären die Welterbestätten ohne die vielen kleinen und großen Highlights ringsherum.

Auch wenn sich unserer Tour nun so allmählich neigt, steigen wir zunächst noch in die historische Straßenbahn von Naumburg. Sehr genial.

Naumburger Straßenbahn

Hier werden wir von Herr Ewald begrüßt und er gibt eine direkte Antwort, woher das Feuer in Menschen kommt – was solche und andere historische Schätze am Leben erhält. 

Es ist so einfach wie banal. Bereits mit 13 Jahren kam er zur Naumburger Straßenbahn. Es war sein Hobby und er hat sich für diese Schienenfahrzeuge interesssiert. Das war 1994. Feuereifer, Interesse und gemeinschaftliches Hauruck machen Dinge möglich, die zumindest hier in Naumburg kaum einer für möglich hielt.

Einst klingelte und quietschte die Straßenbahn als „Wilde Zicke“ durch die Beamten und Militärstadt. Schon 1892 nahm sie ihre Fahrt auf. 1914 wurde der Ringschluß geschaffen. Die Bahn fuhr im Kreis und war damit die einzige Ringstraßenbahn in ganz Europa.

Zu DDR-Zeiten fuhr sie die Bediensteten zum Beispiel der Leunawerke zum Bahnhof. Doch nach der Wende fiel dieser Bewegungsstrang weg. Es brauchte nicht lange, bis der Betrieb wirtschaftlich am Boden war und vor allem dem Tatendrang einiger Jugendlicher ist es zu verdanken, dass sich heute sowohl Einheimische und sicherlich auch viele Touristen gern mit dieser Einmaligkeit durch die Stadt bewegen lassen.

Gründeten sie zunächst einen Verein, so wurde dieser für einen symbolischen Euro zu einer Gesellschaft. Ende der 90iger begann man, Gleise freizulegen. Auch wenn das Engagement von Fördermitteln profitierte, so war es bis 2006 rein ehrenamtlich.

Vor allem durch steten und kontinuierlichen Einsatz, wie zum Beispiel durch verstärkten Betrieb beim Hussiten-Kirsch- oder bei Weinfesten, stieg die Anerkennung bei den Einheimischen. Seit 2007 fährt die Straßenbahn als öffentlicher Linienverkehr und konnte zum Beispiel im Jahr 2019 – also ein Jahr nach der Welterbeernennung des Doms 185 000 Leute pro Jahr bewegen. 

Sein heißer Tipp für Touristen: Einfach mal am C.Becker-Platz aussteigen und zum Markt laufen.

Dankeschön an ihn und seine Kollegin, welche in der Fahrerkabine saß. Sie hatte mir extra Bescheid gegeben, kurz bevor die historische Türklingel erklang. Herrlich.

Naumburger Straßenbahn
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Max-Klinger-Haus Großjena

Auf geht es nun zu unserer leider letzten Station. Das Max-Klinger-Haus im Blütengrund in Großjena. Eine Außenstelle des Naumburger Stadtmuseums.

Schon von Weitem sehen wir den herrlich grünen Weinberg an dessen Hang sich das kleine Klinger-Refugium befindet.

Wenn es so etwas wie Geheimtipps noch gibt, dann fahrt einfach recht schnell mal hier hin. Auch hier hat eine meiner Instagram-Umfragen ergeben, dass die meisten von diesem Ort noch nie was gehört haben. Guckt mal … wir laufen direkt auf das Klinger-Haus drauf zu.

Max-Klinger-Haus

Im Max-Klinger-Haus werden wir nun von Martina Kiepe empfangen. Ganz der Umgebung gleich, gibt sie uns einen wunderschönen und achtsamen Überblick über die Person Max-Klinger (1857 – 1920) sowie sein Leben und Werken.

Als Maler, Grafiker und Bildhauer gilt er als der berühmteste deutsche Künstler, der sich durchaus gern auch mal im Ausland aufhielt. Er zählt zu den Symbolisten. Weiter hinten am Weinberg befindet sich noch das kleine niedliche Radierhäuschen. Hier fertigte er also seine Radierungen an und wir dürfen sogar dem Ansatz eines Druckvorganges beiwohnen, den uns der heute dort arbeitende Künstler Matthias Schöneburg präsentiert. Später erzähle ich mal noch ein wenig mehr darüber.

Für heute denke ich, sind es Eindrücke zu den Weltkulturerbestätten von Sachsen-Anhalt genug.

Mit diesem schönen und meinem heimlichen Favoritenbild vom Radierhäuschen sowie dem Blick vom Weinberg steige ich in Naumburg in den ICE und fahre wieder zurück nach Potsdam.

Radierhäuschen

Welche Kriterien müssen erfüllt sein, um als Weltkulturerbe anerkannt zu werden?

Dazu hat die UNESCO insgesamt 10 Kriterien aufgestellt. Ganz grundsätzlich gilt der außergewöhnliche universelle Wert.

Im folgenden die 10 Kriterien, wovon mindestens eines erfüllt sein muss.

  1. Meisterwerk schöpferischen Geistes oder einzigartige künstlerische Leistung
  2. bedeutenden Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug auf Entwicklung der Architektur oder Technik
  3. einzigartiges Zeugnis einer kulturellen Tradition
  4. herausragende Gebäude oder Landschaften, die bedeutsame Abschnitte der Menschheitsgeschichte versinnbildlichen
  5. hervorragendes Beispiel einer überlieferten menschlichen Siedlungsform
  6. Ereignisse oder überlieferte Lebensformen, Glaubensbekenntnisse, künstlerischer oder literarischen Werken von außergewöhnlicher universeller Bedeutung
  7. überragende Naturerscheinungen
  8. außergewöhnliche Beispiele der Hauptstufen der Erdgeschichte
  9. außergewöhnliche Beispiele bedeutender im Gang befindlicher ökologischer und biologischer Prozesse
  10. die für die In-situ-Erhaltung der biologischen Vielfalt bedeutendsten und typischsten Lebensräume enthalten

Beiträge mitgereister Bloggerinnen:

Schau mal bei Beate und ihrem Blog reiselust-mag.de

Und auch Eva von burgdame.de war dabei und hat einen Beitrag verfasst.

 

 

Vielen Dank wie immer, dass du virtuell mit mir gereist bist. Hast du Fragen oder Anmerkungen zum Beitrag – dann gerne rein damit in die Kommentare.

Und ansonsten bleib neugierig. Die nächste Beitragsidee habe ich wie immer schon im Kopf – schau gern demnächst hier wieder vorbei.

Offenlegung: Werbung – Diese Tour wurde vom Reiseland Sachsen-Anhalt sowie Investitions- und Marketing-Gesellschaft gefördert und in Zusammenarbeit mit dem Museumsverband Sachsen-Anhalt durchgeführt. Ich bedanke mich recht herzlich für die überaus gute Organisation, die spannenden Eindrücke und vor allem für die Einladung.

2 Kommentare

  • schöner, informativer artikel.
    aber: im abschnitt über naumburg und seine straßenbahn, die, btw, der einzige betrieb in d mit ausschließlich historischem fuhrpark ist, muss es heißen: das hussiten-kirschfest. hat nämlich nix mit kirche, dafür um so mehr mit der steinfrucht zu tun… 😀
    lg

    Antworten
    • …oh nein! Haben etwa die kleinen süßen Blogtrolle wieder Buchstaben geklaut? Ein „s“… ich baue es gleich wieder ein und sage recht herzlichen Dank für die Rückmeldung. Liebe Grüße Sandra

      Antworten

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