Tripp Tipp

Wanderung Tømmerrenna – die Flößerrinne bei Vennesla

Lesedauer 8 Minuten

Phänomen Wanderung Tømmerrenna: Norwegen hat uns in Sachen Wanderungen immer wieder stark verzaubert. Mal sind die Wege supersteil oder die Aussichten auf die Fjorde einfach unübertrefflich. Die Wanderung um die es heute gehen soll, ist insofern eine ganz besondere, denn wir wandern auf einem kultur-historischen Pfad. Die Wanderung Tømmerrenna führt uns entlang einer alten Flößerrinne bei Vennesla. Das Spektakuläre: Wir laufen in der Rinne, da wo einst dicke Baumstämme mittels Wasser transportiert wurden. Im Englischen nennt man diese Rinne Lumbar Slide, doch nun lass uns erst einmal zum Startpunkt dieser leicht laveden Angelegenheit gehen.

Anfahrt und Parken zur Wanderung Tømmerrenna

Unsere Reisezeit ist der Mai 2022. Wir sind mit dem Wohnmobil in Norwegen unterwegs. Die Tage werden länger, das Wetter schöner und so fahren wir direkt noch nachmittags nach Verlassen der Fähre in Kristiansand zur Tømmerrenna bei Vennesla.

Von Kristiansand kommend sind das etwa 23 Kilometer, die wir in einer halben Stunde gemütlich meistern. Es sind unsere ersten Kilometer in Norwegen, insofern ist die Tømmerrenna vor allem nach der Fährfahrt ein machbares und gleichzeitig ein erstes verrücktes Ziel.

Wir parken kostenfrei direkt am Startpunkt der Wanderung. Die Adresse vom Parkplatz am Steinsfoss Teknologiecenter lautet: Steinsfossvegen 32 in 4700 Vennesla. Es ist ein kleiner wilder Parkplatz, auf dem, je nach Parkverhalten etwa 5 – 6 Wohnmobile Platz finden könnten. Paar Meter zuvor gibt es noch einen etwas größeren, wahrscheinlich zum Teknologiesenter gehörigen Parkplatz, der zumindest zu unserem Zeitpunkt hätte benutzt werden dürfen.

Wohnmobile parken an der Tømmerrenna
Parkplatz Steinsfossvegen an der Tømmerrenna

Und nun: Start der Wanderung in der Tømmerrenna

Vom Parkplatz aus kommend folgen wir der Fahrstraße über die kleine Brücke und werden linker Hand tosend vom Urfossen begrüßt. Der erste Wasserfall auf unserer Tour. Direkt unterhalb der Brücke präsentiert sich dunkel und noch unscheinbar hölzern die Flößerrinne. Die Steinfossen Tømmerrenna. Yeah, wir sind da. Aber hallo – auf diesem wackligen Ding soll ich wandern?

die Tømmerrenna in Norwegen
Ziel erreicht: Die Tømmerrenna!

Wir studieren die ausschließlich in norwegisch verfasste Wandertafel und erfahren, dass eine Strecke – also „hin“ 4 Kilometer lang ist. Im Grunde läuft man den gleichen Weg hin und zurück. Unterwegs gibt es noch die Möglichkeit auf Abstecher, doch dazu später.

Zudem wird noch vor schnellem Anschwellen des Flusses Otra gewarnt. Nun gut, wir hatten nicht vor zu baden.

Das Ding zieht uns magisch an und wir laufen nun über die kleine Zubringerbrücke in die Rinne hinein.

Die ist wirklich spektakulär, obgleich wir die ersten Schritte wie auf Eiern laufen. In einer Flößerrinne sind wir noch nie gelaufen – kann man dieser alten, knarzenden Konstruktion trauen? Die Bodenbretter biegen sich unter unserem Gewicht. Hier und da gibt der Boden den Blick nach unten durch kleine Ritzen frei. Einziger Wermutstropfen – es gibt helle, also restaurierte Bretter. Es kommt augenscheinlich ab und an jemand gucken, ob noch alles halbwegs stabil ist.

Nach wenigen Augenblicken haben wir uns an das Gefühl gewöhnt und folgen der Rinne nun durch wunderschönen Wald, mal zieht sie als Brücke über den Fluß und dann zieht sie lang und elegant durch heidelbeerverstrauchten Wald.

Die subvertrauenswürdigen, rostigen Seile der Brücke vernachlässigen wir heute mal. Es ist einfach nur genial, dass man diese Flößerrinne erhalten hat. In Deutschland wäre die ganz sicher nicht durch den TÜV gekommen. Dennoch ist sie gut zu gehen – vor allem, da sie kein nennenswertes Gefälle aufweist. Eine der wenigen leicht zu gehenden Wanderungen in Norwegen.

Der erste Abzweig von der Tømmerrenna

Wir sind total begeistert von dieser Wanderung Tømmerrenna. Erstaunlicherweise sind wir völlig allein, dass lässt sofort allen Reisestress von uns abfallen. Nach etwa 20 Minuten auf dieser fast magischen Strecke liegt linker Hand Paulen Gård – ein kleines Gelände, welches durch eine Pfadfinderorganisation gepflegt und bewirtschaftet wird. Hier besteht die Möglichkeit einen Snack zu kaufen, zu baden oder sich sogar ins Haupthaus oder in Zelte einzumieten.

Wir lugen nur mal kurz um die Ecke und folgen dann doch lieber der Wanderung in der Tømmerrenna.

Der zweite Abstecher von der Wanderung Tømmerrenna

Schon kurze Zeit nach dem ersten Abstecher taucht eine Brücke vor uns auf. An dieser Brücke ist ein kleines Schild „Kringsjå“ angebracht. Dieses Schild weist uns den Weg zum nächsten Abzweig. Dieser führt uns zur „Kringsjå Kraftstasjon“ – also zu einem Kraftwerk. Das klingt aufregend.

Zudem ist es in jedem Fall verlockend, die Rinne einmal zu verlassen, um von oben drauf zu schauen.

Brücke über die Wanderung Tømmerrenna
kleine Brücke über die Tømmerrenna

Und schwupp – schon stehen wir auf der Brücke. Wir sind so fasziniert von dieser ganzen Angelegenheit hier, dass wir uns viel Zeit nehmen zum Schauen, Fotografieren und Genießen. Wo hat man schon mal die Natur nebst solch einem Highlight ganz für sich alleine?

Von oben ist auf jeden Fall die ausgeklügelte Konstruktion noch mal richtig schön zu sehen – irre, oder? Wenn man sich nun vorstellt, wie unzählige dicke Baumstämme, angetrieben von Wasserkraft, durch diese Rinne rutschen und rumpeln, staunt man doch – dass sie sich so lange gehalten hat.

Nun gut – da war ja irgendwas mit einem Kraftwerk. Wir stapfen los – ohne ganz genau zu wissen, wo der Weg uns hinführt. Da alles halbwegs gut ausgeschildert ist und wir den Weg zur Rinne immer wieder finden würden, ist alles halb so wild.

Wir passieren eine Hängebrücke…

…kommen an einem kleineren Wasserfall vorbei und schon bald stehen wir vor dem verlassenen Kraftwertk Kringsjå . Ein Lost Place sozusagen. Dieses Kraftwerk wurde 1900 von Händlern aus Kristiansand an diesem Fluß Otra gebaut. Bereits 1957 wurde es wieder still gelegt und so finden sich nun lediglich noch der Damm, einige Ruinen des alten Kraftwerkes, eine alte Steinhalde und ein paar Hausfundamente der dort damals ansässigen Gemeinde.

Dieser Ort des Kraftwerkes kommt unerwartet und wir sind völlig fasziniert – zum Beispiel von den großen Bodeneinlassungen der ehemaligen Wasserrohre. Die Anlage schmiegt sich irgendwie geheimnisvoll in die so gar nicht unberührte Landschaft. Hier reiht sich ein Kulturdenkmal ans Nächste.

Neben der Flößerrinne und dem Kraftwerk rollt nämlich bei Gelegenheit durchaus auch noch die Museumsbahn – die Setestalbahn, eine der größten Touristenattraktionen Südnorwegens durch´s Tal.

Ruinen vom alten Kraftwerk

Der Platz rund um die Ruinen ist irgendwie mystisch. Man hat unentwegt das Gefühl, es müsse gleich jemand der alten Bewohner um die Ecke kommen. Ja – irgendwie komme ich mir beobachtet vor. Aber da ist niemand. Marcus lacht mich immer ein wenig aus, wenn ich sage: Hier sind Seelen.

Rein irdisch betrachtet sind wir hier jedoch wirklich ganz allein und stromern einfach noch ein wenig bei den alten Hausfundamenten umher.

Auf der Alternativroute zurück zur Tømmerrenna

Dank google finden wir einen Waldweg, der uns norwegisch urig zurück zur Rinne führt. Es geht nun vorbei an den Arbeitsplätzen der Waldarbeiter. Holzstapel und Kochgeschirr lassen erahnen, dass Menschen hier ziemlich viel Zeit in der Natur verbringen.

Kurze Zeit später finden wir einen kleinen Rastplatz am Fluß Otra. Nochmals wird mittels Warnschild eindrücklich vor der Wucht des plötzlich anschwellenden Flusses gewarnt. Wir genießen einfach kurz den Blick auf den Fluß und die Brücke, die weiter vorn die Rinne über den Fluß führt.

Wirklich Wahnsinn dieses Bauwerk, welches übrigens heutzutage das einzige und längste dieser Art in ganz Norwegen ist.

…und suchen dann den Einstieg in unsere Wanderrinne. Bisschen balancieren müssen wir, denn der Zugang erfolgt über so etwas wie eine Hühnerleiter. Wer halbwegs geübt ist, meistert die ohne Weiteres. Bei Nässe ist rund um die Rinne grundsätzlich Vorsicht geboten.

Im Entengang durch den Tunnel der Tømmerrenna

Es wäre gelacht, wenn das pure Wandern in einer knarzenden Holzrinne das einzige Vergnügen wäre. Die Strecke der Wanderung Tømmerrenna ist mit einem Tunnel gespickt. Es empfiehlt sich, eine Taschenlampe mitzunehmen, der Tunnel ist wirklich dunkel und extrem flach. Also Kopf einziehen.

Ganz nebenbei schaut der Tunneleingang übrigens aus wie ein Gesicht. Wer sieht´s auch? Lassen wir uns mal vom riesigen Schlund im Entengang einsaugen.

Tunneleingang auf der Tømmerrenna
Tunneleingang Wanderung Tømmerrenna

Und dann endlich: Das Ziel!

Diese erstaunlich abwechslungsreiche Wanderung Tømmerrenna endet nach 4 Kilometern. Hier befindet sich der „Beihølen Dam“ – eine Talsperre mit einer mächtigen Holzrutsche. Auf der anderen Flußseite befindet sich eine Bahnstation der historischen Setestalbahn. Doch wir können nur dem mächtigen Wasserfall zuschauen, der tosend in den Fluss kracht. Erst jetzt bekommen wir einen Eindruck, mit welcher Wucht die etwaigen Baumstämme durch die Flößerrinne gedrückt wurden.

Wir betrachten ehrfürchtig dieses Schauspiel – so ein echtes Naturschauspiel ist es ja nun nicht mehr, da die Menschenhand wie vielerorten auch hier mächtig eingegriffen hat. Dennoch ist es faszinierend. Falls du also mal hierher kommst – laufe unbedingt bis zum Schluss.

Für uns heißt es nun Abschied nehmen – wir laufen die Tømmerrenna nun auf dem kürzesten Weg, also ohne erneute Abstecher zurück. Insgesamt haben wir 4 wunderschöne Stunden in und um die Flößerrinne verbracht.

Noch ein paar letzte Tipps für die Wanderung Tømmerrenna

Für deine Wanderung Tømmerrenna empfehlen wir dir ausreichend Flüssigkeit und auch einen kleinen Snack mitzunehmen. Obwohl an 2 Stellen dieser Tour rein theoretisch ein Snack kaufbar wäre (Pauls Garden und am Bahnhof am Endpunkt) war zum Zeitpunkt als wir wanderten, nichts davon zu sehen.

Denk´ bei der Wanderung Tømmerrenna an eine Taschenlampe und gegebenfalls Mückenschutz. Wir hatten diesbezüglich noch Glück. Da die Wanderung jedoch fast die ganze Zeit an Wasser zumindest aber durch den Wald führt, ist ein Überfall durch kleine blutrünstige Mücken nicht auszuschließen.

Kann man diese Rinne mit Hund oder auch mit Kinderwagen gehen? Ein Hund sollte auf jeden Fall mitlaufen können. Manche scheuen sich wohl ein wenig vor den Hängebrücken. Auch einen schmalen Kinderwagen könnte man sicherlich in der Rinne bewegen – hier musst du jedoch bedenken, dass es bei Gegenverkehr empfindlich eng wird.

 

Hat Dir der Beitrag Mehrwert für deine Wanderung Tømmerrenna geliefert? Hast Du alle Informationen gefunden, die Du für den Besuch brauchst? Dann bedanke ich mich sehr für eine freiwillige Spende von Dir.


 

Vielen Dank, dass du bis zum Schluss mitgewandert bist. Diese Wanderung an unserem allerersten Nachmittag in Norwegen hat uns wirklich begeistert. Und weil natürlich die Highlights in diesem Land überhaupt nicht abrissen – habe ich noch soooo viel Material auf Halde, dass der Winter wohl nicht reichen wird, über all dies zu schreiben.

Schau also gern bei Gelegenheit hier wieder vorbei… dann gibt es die nächste Reisegeschichte. Bis dahin – hab´eine gute Zeit.

Wanderung in der Tømmerrenna
Sandra in der Tømmerrenna / Foto: Marcus Kahl / www.fotokahl.de

 

Autorin: Sandra Hintringer

 

 

Und das haben andere Reiseblogger in der Flößerrinne erlebt:

https://momoblog.de/2020/08/02/tommerrenna/

Roads and Rivers

3 Kommentare

    • Hallo Sabine, ja „lustig“ das trifft es irgendwie. Ist ja schade, dass Ihr canceln musstet. Lg Sandra

      Antworten
  • Wow. Das ja mal eine etwas andere Wanderung. Klingt spannend, was ihr da so erlebt habt. Das mit dem flachen Tunnel erinnert mich an die Levada Wanderungen auf Madeira, da braucht man für die Höhlen auch eine Taschenlampe und wenn man nicht aufgepasst hat, hatte man ne Beule am Kopf 😉
    Ich werde mir das auf jeden Fall mal merken, wir wollen nächstes Jahr nach Norwegen.
    Liebe Grüße
    Oliver

    Antworten

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